Im Juni 2000 stellte Samsung das erste Handy mit integrierter Kamera vor – Smartphones waren damals noch nicht im Handel. Knapp zwei Jahrzehnte später haben sich die fingernagelgroßen Optiken zu echten High-End-Cams entwickelt. Die Hersteller jagen sich gegenseitig mit immer größeren Megapixel-Zahlen, Dynamikumfängen und Low-Light-Fähigkeiten.
Als Anfang der 2000er die ersten Kamera-Handys aufkamen, betrug die Auflösung der Geräte noch deutlich unter 1 Megapixel. Das mobile Versenden der Fotos konnte richtig teuer werden und Videoaufnahmen fielen aufgrund von mangelndem Speicherplatz entsprechend kurz aus. Anfang 2006 wurde die erste 10 Megapixel-Kamera mit dem Samsung B600 eingeführt. Die Kamera nahm nahezu die Hälfte der Rückseite des Handys in Anspruch und verpasste dem Modell eine beachtliche Dicke. Drei Jahre später war wieder Samsung der Vorreiter: Der Hersteller brachte mit dem Omnia HD das erste Smartphone mit eingebauter HD-Video-Kamera auf den Markt. Die 720p-Clips wurden mit 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen. 2010 erschien ein Jahr später mit dem Sony Ericsson S006 das erste 16-Megapixel-Smartphone.
Seitdem sind die Megapixel-Zahlen teilweise noch weiter gestiegen (Sony Xperia X: 23 MP, Huawei P20 Pro: 40 MP, Nokia Lumia 1020: 41 MP), allerdings haben sich die meisten Hersteller auf Werte zwischen 12 und 20 Megapixel eingependelt. Da eine hohe Auflösung alleine nicht ausreicht, haben die Hersteller über die Jahre hinweg auch fleißig an Linsen, Kameraprozessoren und einer möglichst kompakten Bauweise gearbeitet. Aktuelle Top-Smartphones trumpfen mit extremen Low-Light-Fähigkeiten, enormem Detailreichtum und 4K-Videos auf.
Während die Verkäufe von Smartphones und Digitalen Spiegelreflexkameras gleichbleibend sind oder steigen, sinken die Absatzzahlen von klassischen Digitalkameras seit Jahren. Die klassische Digicam ist obsolet geworden – aktuelle Smartphones verfügen über gleichwertige Megapixel-Zahlen, haben ähnliche Dynamikumfänge, überzeugen mit digitalen Stabilisatoren und kommen mit diversen Einstellungsmöglichkeiten für unterschiedliche Aufnahme-Szenarien daher.
Weitere Vorteile zeigen sich in der Weiterverarbeitung der Fotos: Auch wenn moderne Kameras über Wifi-Features verfügen, kommen sie bei weitem nicht an die Funktionsvielfalt eines Smartphones heran. Mithilfe von systemeigenen oder Drittanbieter-Apps können die Aufnahmen sofort bearbeitet werden.
Dabei sind die Umfänge der verschiedenen Apps beeindruckend: Neben Verbesserungsmaßnahmen wie Begradigungen, perspektivische Verzerrungskorrekturen und Farbausgleichen können User ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Hierbei können unterschiedliche Filter, Effekte und Rahmen ausgesucht oder auch Collagen zusammengestellt werden.
Das fertige Produkt kann via W-LAN oder mobilem Mobilfunknetz sofort verschickt und auf sozialen Plattformen geteilt werden. Freunde und Familie können direkt an den eigenen Aktivitäten teilhaben und gemeinsame Aufnahmen genießen. GeoTags und Gesichtserkennungs-Tools dienen gleichzeitig zum Informationsaustausch und auch zur Sortierung im digitalen Fotoalbum.
Die derzeit besten Smartphone-Kameras wie z.B. die Optiken des iPhone X oder Huawei P20 Pro sind längst Kamera-Duos, im Fall des P20 Pro ist es sogar ein Kamera-Trio. Dabei ist eine Linse für die standardmäßigen Weitwinkel-Aufnahmen zuständig, während die zweite Optik mit einem Teleobjektiv ausgestattet ist. So werden echte Zoom-Aufnahmen ohne digitale Hilfsmaßnahmen aufgenommen. Beim Huwei P20 Pro arbeiten neben dem Teleobjektiv ein RGB- und ein Monochrom-Sensor Hand in Hand, um kombinierte Bildergebnisse zu liefern. Auch zukünftig erscheinende Top-Smartphones werden höchstwahrscheinlich auf mehrere Kameralinsen setzen.
Die derzeitige Smartphone-Cam hat die normale Digitalkamera abgelöst. Können die Optiken auch der Digitalen Spiegelreflexkamera die Stirn bieten? Jein. Aktuelle Tests zeigen, dass z.B. das Huawei P20 Pro bei schlechten Lichtverhältnissen durchaus mit modernen DSLRs der knapp vierstelligen Preiskategorie mithalten kann – allerdings wird hier bei beiden Geräten im Automatikmodus und dem Kit-Objektiv der DSLR getestet. Wird die DSLR mit Knowhow bedient und mit einem hochwertigen Objektiv ergänzt, hat das Smartphone keine Chance mehr. Allerdings ist die DSLR für ambitionierte Hobbyfotografen sowie Profis ausgelegt und bedarf einer gewissen Einarbeitungszeit, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Bei Smartphones ist die Einstiegshürde deutlich niedriger: Wer ein Smartphone rudimentär bedienen kann, wird auch Fotos knipsen können. Außerdem muss schon eine hohe dreistellige Summe in den DSLR-Body investiert werden, um sicher zu gehen, dass das Smartphone in Punkto Dynamikumfang, Detailreichtum und Farbechtheit ausgestochen wird. Nicht zu vernachlässigen: Ein Handy passt in die Hosentasche, für den Transport einer DSLR eignet sich eine Tragetasche besser.
Schon heute profitieren Smartphone-Kameras massiv von Software-Optimierungen. Dabei ist nicht nur die anschließende Bearbeitung in Apps gemeint. Moderne Handy-Cams analysieren das Motiv und wählen automatisch passende Bildeinstellungen aus. Die Hilfsprogramme optimieren anschließend die Aufnahme, verbessern Farben und unterdrücken auftretendes Bildrauschen. In Zukunft werden diese Unterstützer noch intelligenter werden, um in allen Situation perfekte Einstellungen zu treffen. Auch im Video-Bereich wird es immer smarter: Aus herkömmlichem Bildmaterial berechnen Prozessoren zusätzliche Bilder, um das Bild-pro-Sekunde-Verhältnis zu erhöhen und somit „künstliche“ Slow-Mo-Aufnahmen herzustellen. Diese Techniken befinden sich in den Kinderschuhen, werden den Weg in kommende Smartphones aber sicherlich finden.