Aus dem deutschen Bundesinnenministerium werden Stimmen laut, die den Nachrichtendienst Telegram zur Verantwortung ziehen wollen. Die App würde extremistische Gruppierungen eine schwer nachverfolgbare Kommunikationsgrundlage bieten und sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert die Betreiber des Android PlayStores und iOS Appstores auf, Telegram aus dem Programm zu nehmen. Grund hierfür sind nicht entfernte Aufrufe zu Gewalt und Hetze. Die Ministerin spricht hierbei von einer „gesellschaftlichen Verantwortung“, der Google und Apple nachkommen müssen.
Letzten Mittwoch gab es eine Sitzung der von SPD-geführten Innenministern Deutschlands. Telegram stand hier auch auf der Programmordnung. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) äußert sich folgendermaßen: „Wir müssen alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen und dazu wird die Bundesebene im Zweifel nicht ausreichen, auch die europäische Ebene ist gefragt.“ Er betont, dass der Dialog mit Google und Apple wichtig sei, um den Messenger aus dem Verkehr zu ziehen. Ziel sei es, dass die App weniger einfach erhältlich und zugänglich ist. Auf Grundlage des Netzwerkdurchsetzunggesetzes wäre ein Vorgehen gegen Telegram grundsätzlich umzusetzen, allerdings gäbe es derzeit keinen europäischen Ansprechpartner der App, der den Innenministerien zur Verfügung steht.
In einem Artikel der Zeit wurden journalistische Reaktionen zum Vorstoß gegen Telegram zusammengetragen. Demian von Osten, ARD-Moskau-Korrespondent gibt den Hinweis, dass für die Kommunikation seines Teams mit Oppositionellen in Weißrussland Telegram unumgänglich sei, da andere Nachrichten-Apps vom nationalen Geheimdienst kontrolliert werden. Auf Twitter äußert sich Korrespondentin Natalie Amiri: „In Demokratien sind Messengerdienste wie #Telegram eine Schwächung fürs System, in totalitären Regimen oft der einzige Weg der einigermaßen freien Kommunikation der Zivilbevölkerung.“ Die GFF (Gesellschaft für Freiheitsrechte) sieht ein Telegram-Verbot kritisch – sollte der Dienst aus den App-Stores fliegen, würde die Meinungsfreiheit eingeschränkt. „Die Kollateralschäden sind auch viel zu weitreichend, weil Aktivitäten behindert werden, die völlig legitim sind.“, so Joschka Selinger, Verfahrenskoordinator im Team der GFF. Der Digitalverein D64 sieht in einem App-Stopp ein letztes Mittel, zuvor müsse die Regierung aber den Dialog mit Telegram, deren Sitz in Dubai liegt, suchen. Apple äußerte sich bisher nicht, Google gibt an, dass man sich im Austausch mit dem Bundesinnenministerium befinde.